Foto: © Lebenshilfe Hamburg, Projekt 60 Antworten / E. Kolb und K. Thiemann

Was erlebt ein dualer Student im Projekt ZuFlucht?

„Als ich im Sommer 2017 das erste Mal für ein Schulpraktikum zu der Lebenshilfe Hamburg kam, war vieles auf der Welt noch anders. Donald Trump wurde zu der Zeit als amerikanischer Präsident vereidigt und der G20-Gipfel fand gerade in Hamburg statt. Ging man mit einer Maske einkaufen, wurde man komisch angeschaut. Doch eins galt damals schon: Es gibt Menschen in Not, die vor Krieg und Hunger fliehen und Hilfe brauchen. Diese Hilfe leistet das 2016 gegründete Projekt ZuFlucht der Lebenshilfe Hamburg. Geflüchtete mit Behinderung werden in der Eingliederungshilfe begleitet und unterstützt. Ich wurde mit erschreckenden Lebensrealitäten konfrontiert, traf aber auch viele beeindruckende Menschen. Nach dem Abitur ging ich zurück zur Lebenshilfe und absolviere hier jetzt mein duales Studium. Unter anderem arbeite ich wieder im Projekt ZuFlucht und erlebe jeden Tag aufs Neue, wie wichtig die Arbeit ist. Denn auch wenn Geflüchtete aus dem Blick der Gesellschaft verschwinden, bleiben die Probleme der Menschen bestehen.

Beeindruckende Erfahrungen

Viele Menschen kommen mit einer Behinderung aus ihrem Heimatland oder sie tragen während ihrer Flucht Verletzungen davon, die zu einer Behinderung führen. Einen dieser Menschen lernte ich besser kennen. Ich traf ihn mehrfach mit einem Betreuer und Sprachmittler. Mich beeindruckt immer wieder, wie der Mann trotz seiner Körper- und Sinnesbehinderung und den schrecklichen Dingen, die er erlebt hat, stets zu Scherzen aufgelegt ist. Diese Menschen treffen hier jedoch immer wieder auf Hindernisse, die sie alleine nicht überwinden können. So halfen wir diesem Mann beim Umzug aus der Erstaufnahme in ein Studentenwohnheim. Den Hausmeister mussten wir erst überzeugen, dass offensichtlich Bedarf für einen Fahrstuhlschlüssel besteht.

Das Leben hier und die Unterstützung im Projekt eröffnen vielen Menschen aber auch neue Möglichkeiten. Ein Klient hat seit Geburt nur eine Hand. In seinem Heimatland bekam er keine vernünftige Prothese. Dank der medizinischen Versorgung in Deutschland und dem Engagement der Mitarbeitenden aus dem Projekt wurde eine hochwertige Silicon-Prothese für ihn angefertigt, die ihm den Alltag unfassbar erleichtert.

Vielfältige Welt

Jeden Tag aufs Neue erfahre ich die beeindruckende Gastfreundschaft der Klienten und Klientinnen. Ich lerne die kulinarische Vielfalt dieser Welt kennen, da mich die Familien oft bekochen. Ich lerne verschiedene Kulturen und Lebensweisen kennen. Einmal sah uns zum Beispiel ein syrischer Klient überrascht an, weil wir in die Zitrone nicht einfach wie in einen Apfel bissen. Ich bin dankbar für die Erfahrungen, die ich hier sammele, und froh, Teil dieses Projektes zu sein.“

Flemming Ketteler